"doppelstab" 16. April 1974:

Nachdenken über die Querverbindungsstrasse Bruderholz

Von Felix Feigenwinter

Wer je einmal nach einem nervösen Arbeitstag oder einer ebensolchen Woche übers Bruderholz gewandert ist, kann sich den Argumenten gegen die Querverbindungs-Auto-Strasse Bottmingen-Münchenstein kaum verschliessen. Auch ich profitiere von der wertvollen Fussgänger-Erholungsmöglichkeit "Bruderholz" so oft wie nur möglich. Das Fehlen von Benzingestank und Auto-Motorenlärm nebst den ergötzlichen optischen Eindrücken einer Natur-Oase weiss man als zivilisationsgeschädigtes Individuum besonders zu schätzen. Sympathisch daher der (leider allzu spät erfolgte) Vorstoss der sozialdemokratischen Volksvertreterin Dr. jur. Dora Hofstetter aus Reinach im basellandschaftlichen Kantonsparlament gegen die Querverbindungs-Strasse und gegen einen in diesem Zusammenhang stehenden früheren landrätlichen Beschluss. Als Fussgängerin und Nicht-Auto-Besitzerin kennt Frau Hofstetter den Wert eines durch keine Autostrasse beeinträchtigten Naherholungsgebiets aus persönlicher Erfahrung.

Dennoch muss man begreifen, dass das Parlament Dr. Dora Hofstetters Motion die Dringlichkeit abgesprochen hat. Gewiss nicht zuletzt die Tatsache, dass in diese Querverbindung bereits einige Millionen Franken investiert worden sind - und wohl zudem das Unbehagen gegenüber dem Eingeständnis eines eventuellen früheren Fehlentscheids - veranlasste den Landrat zur Zurückhaltung. Abgesehen davon setzt sich auch dieses Parlament mehrheitlich aus Automobilisten und deshalb, so muss man eigentlich annehmen, primär aus Interessenvertretern für den Ausbau des Auto-Verkehrs zusammen. Allerdings sind Autofahrer zuweilen ja auch Fussgänger (ein Umstand, der manchmal vergessen wird), und dies kommt in gewissen Argumenten für die Querverbindung zum Ausdruck. Etwa dann, wenn darauf hingewiesen wird, dass diese Bruderholz-Querverbindung mehrere Quartierstrassen vom Autoverkehr entlastet, was im Interesse von Fussgängern (und spielenden Kindern und deren Müttern) ist.

An der nächsten Landratssitzung vom 25. April wird nun die zur Prüfung der Motion Hofstetter beauftragte Baukommission mündlich Bericht erstatten. Eine revolutionäre Änderung der Situation scheint indessen nicht mal mehr Dora Hofstetter zu erwarten. Tatsächlich dürfte die unüberlegte Brandstiftung beim Bauplatz der Querverbindung durch vandalistische Oppositionelle den Anliegen der Gegner mehr geschadet als genützt zu haben. Anderseits hat dieser Tage die Partei der Arbeit Baselland eine Petition gegen den Bau der Querverbindungsstrasse lanciert. Wie weit das die Mehrheit der Parlamentarier beeinflussen kann, bleibt abzuwarten.

So oder so hat aber Frau Hofstetters Motion bewirkt, dass über die Frage der Belastbarkeit unserer rar und rarer werdenden natürlichen Umwelt wieder einmal intensiv nachgedacht worden ist. Wenn vielleicht auch nicht schon im Fall dieser (halt schon längst beschlossenen) Querverbindung, so doch bei anderen, späteren Gelegenheiten könnten und müssten die Denkanstrengungen Früchte tragen. Daran darf auch die blinde Zerstörungswut einer rasend gewordenen aussenparlamentarischen Opposition nichts ändern.