Im Jahr 1981 wirkte Felix Feigenwinter in der Inlandredaktion der "Luzerner Neusten Nachrichten" (LNN). Infolge Turbulenzen in der Redaktion  nach der Absetzung des Chefredaktors wegen Neuausrichtung durch den Ringier-Verlag, worauf eine Massen-Abwanderung von protestierenden Redaktoren einsetzte,  hatte Felix Feigenwinter Monate lang zwei Redaktionstellen auszufüllen mit doppeltem Arbeitspensum (pausenloser Tag- und Nachtdienst in der Inlandredaktion inklusive Sonntagsdienst). Trotzdem fand er noch die Zeit, ab und zu eigene Kommentare zu schreiben.

"Luzerner Neueste Nachrichten" -  7. Januar 1981

Die jungen Frauen wurden vergessen

Ein "differenziertes Urteil über das 'Lebensqualitäts-Gefälle' in unserem Land" sollen sich Fachleute und Laien anhand des gestern vorgestellten "Schweizer Regionenspiegels" bilden können. Die Auswertung der Rekrutenbefragung zum Thema "Lebensqualität" vermittelt zweifellos interessante Einblicke ins Denken und die zum Teil sehr unterschiedlichen Lebenssituationen der jungen Leute. In mancherlei Hinsicht, gerade auch im Hinblick auf die Jugendunruhen, bietet die Umfrage eine wertvolle Anregung und Grundlage zur Beurteilung und hoffentlich Lösung aktueller Probleme.

Einen Schönheitsfehler hat diese Untersuchung trotzdem: Ihr Ergebnis drückt nämlich nur Urteile der ins Erwachsenenalter tretenden jungen Männer aus. Über die Meinungen und Befindlichkeiten des gleichaltrigen weiblichen Bevölkerungsteils - rund die Hälfte! - erfährt man nichts. Spätestens (oder frühestens?) nach Einführung des Frauenstimm- und wahlrechts sollte eigentlich auch in unserem Land die Erkenntnis durchgedrungen sein, dass geschlechtsspezifisch einseitige Meinungsumfragen aus demokratischer Sicht fragwürdig sind, vor allem, wenn ihnen die Bedeutung als repräsentative Äusserung der Bevölkerung (in diesem Fall der erwachsen werdenden Jugendlichen) zugemessen wird.

Wie weit oder ob die Umfrage anders ausgefallen wäre, wenn sie auch die entsprechende weibliche Generation erfasst hätte, ist zwar offen. Sicher hätte aber eine solche, auch Frauen berücksichtigende Untersuchung eine noch günstigere Wirkung: sie könnte nämlich junge Schweizerinnen davon überzeugen, ernstgenommen  zu werden als wirklich gleichberechtigte Bürger(innen) dieses Staates.

Dass Schweizerinnen nicht militärdienstpflichtig sind, sollte nicht als Ausrede dienen, sie von einer Umfrage auszuschliessen, die Aufschluss über die Generation der Zwanzigjährigen geben soll.

Felix Feigenwinter   

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