doppelstab“ - Januar 1968

Wie fördert Basel seine Künstler?

Von Felix Feigenwinter

In Basel stellt der Staat einigen seiner Kunstmaler und -malerinnen 27 Ateliers in der Kaserne sowie deren acht in der alten Gewerbeschule an der Lys zum monatlichen Mietpreis von je 50 Franken (plus Fr. 12.50 für Heizung, Elektrisch und Wartung) zur Verfügung. Durch seine Zentralstelle für Liegenschaftsverkehr sorgt er ausserdem für die Vermietung weiterer, wenn möglich billiger Atelierräume in diversen staatlichen Liegenschaften, vor allem im St. Alban-Tal (die genaue Zahl konnte mir der zuständige Beamte leider nicht nennen). Ausserdem ermöglicht die Stadt Basel einheimischen Künstlern einjährige oder eventuell nach Wunsch auch kürzere Studienaufenthalte in der europäischen Kunstmetropole Paris. Die „Cité Internationale des Arts“, wie die entsprechende Organisation heisst, verfügt in einem fünfstöckigen Neubau an der Rue de l'Hôtel de Ville im Quartier du Marais über insgesamt 135 Bildhauer- und Malerateliers und Studioräume für Musiker. Diese wurden durch diverse Institutionen auf der ganzen Welt – u.a. durch den Basler Kunstverein – aber auch durch verschiedene Staaten (auch durch die Schweizerische Eidgenossenschaft) erworben, und zwar für die Dauer von 98 Jahren zum Preis von je 80 000 Nouvelles Francs. Wie aus einem Mitteilungsblatt der „Cité Internationale des Arts“ hervorgeht, sind in diesem Künstlerzentrum Musiker, Bildhauer und Maler aus über 40 Nationen vertreten.

Für einen solchen Studienaufenthalt, das heisst die Miete eines Studio bzw. Atelierraumes samt der dazugehörenden modernen Wohnung, muss ein Künstler monatlich 275 Franken bezahlen. In vielen Fällen kommt die Miete aber billiger zu stehen – nämlich dann, wenn die „delegierende“ Institution bzw. der betreffende Staat einen Teil der Mietkosten übernimmt. So steuert zum Beispiel Basel-Stadt 175 Franken an die Pariser Monatsmiete ihres jeweiligen „Delegierten“ bei, so dass dieser nur noch hundert Franken zu bezahlen hat.

Jeden Herbst wird ein Aufruf publiziert, mit dem Basel-Stadt zusammen mit dem Kunstverein neue Anwärter für die zur Verfügung stehende Pariser Atelierwohnung sowie für das dem Kunstverein gehörende Bildhauer-Studio sucht.

Damit wären aber noch nicht alle staatlichen Leistungen zur Förderung unseres Künstlernachwuchses aufgezählt. Zu den erwähnten Aufwendungen gesellen sich jährliche Ausgaben von 340'000 bis 440'000 Franken für Kunstkredit und staatliche Aufträge. Für den Ankauf von Bildern sowie für Wettbewerbskosten (Umtriebe, Entschädigungen, Preise) stehen 140'000 Franken zur Verfügung. Dazu kommen jährlich rund 200'000 bis 300'000 Franken für die Honorierung der im Rahmen der Wettbewerbe oder direkt in Auftrag gegebenen Arbeiten. Es handelt sich dabei um die Ausschmückungen von Schulhäusern, staatlichen Verwaltungsgebäuden, Spitälern, öffentlichen Plätzen und Parkanlagen mit Gemälden, Glasscheiben, Mosaiken, Batikwerken bzw. Plastiken.

Angesichts obiger Aufzählung kann festgestellt werden, dass Basel einem grossen Teil seiner Maler und Bildhauer regelmässig und offiziell eine - gesamthaft gesehen – erkleckliche Geldsumme zur Verfügung stellt. Nun fragt es sich, ob diese Gelder sinnvoll verteilt werden. Die Antwort kann, wie unsere laufende Diskussion beweist, verschieden ausfallen. Jedenfalls verdient dieser Punkt eine ernsthafte Prüfung. Die im „doppelstab“ Nr. 103/4 vom 29. Dezember 1967 von Irène Zurkinden aufgestellte Forderung, vielversprechenden jungen Malern zurückzahlbare Darlehen für die Ausbildung auszuhändigen, hat in unserem Leserkreis zu positiven Reaktionen geführt.

Im übrigen scheint sich das Unbehagen mehrerer junger Maler nicht vor allem auf die finanzielle staatliche Förderung als vielmehr auf gewisse Zustände im Basler Kunstverein zu beziehen. Diese wurde im ersten Beitrag unserer Serie „Basel – nur Museumsstadt?“ bereits skizziert. Zum Beispiel drängt sich die Frage auf, ob es sinnvoll, gerecht und der Künstlerschaft nützlich ist, wenn etablierte Jurymitglieder des Kunstvereins ihre eigenen Bilder für die Weihnachtsausstellung lancieren – zu ungunsten abgelehnter Werke jüngerer Maler. Es interessiert das Anliegen von Kurt Fahrner, junge, experimentelle Malerei des einheimischen Künstlernachwuchses vermehrt auszustellen statt auszugrenzen.

Wir hoffen, in einer der nächsten „doppelstab“-Ausgaben die Stellungnahme des Kunstvereins zu diesen Fragen veröffentlichen zu dürfen.

_____________________________________________________________________________________

Anmerkung: Der obige Artikel erschien im Rahmen der achtteiligen „doppelstab“-Serie „Basel – nur Museumsstadt?“ (Dezember 1967-Januar 1968), welche die Anliegen der sog. Farnsburggruppe (Protest-Vereinigung dissidenter Basler Maler) aufgriff. Am 18. Januar 1968 sandte der Präsident des Basler Kunstvereins, Dr. H. Theler, der "doppelstab"-Redaktion eine Stellungnahme der Kommission des Basler Kunstvereins, die dann zusammen mit einer Entgegnung der "Farnsburggruppe" in der letzten, achten Folge der "doppelstab"-Serie "Basel - nur Museumsstadt?" publiziert wurde.

Fast vierzig Jahre danach, im Herbst 2008, wurde im Ausstellungsraum Klingental in Basel eine Ausstellung eröffnet, welche die Ereignisse rund um die "Farnsburggruppe" und die im "doppelstab" dazu erschienenen Informationen, Kommentare und Diskussionen umfassend dokumentierte und historisch beleuchtete.