doppelstab“ 1. August 1977:

Folgen der Gründung des neuen Kantons Jura:

Neue Regio-Perspektive

Von Felix Feigenwinter

Seit dem 23. Juni 1974, als das Stimmvolk im Schweizer Jura mit 36'802 Ja gegen 34'057 Nein die Gründung eines französisch-sprachigen Kantons Jura guthiess, sehen sich die deutschsprachigen Laufentaler mit einem für sie schwerwiegenden Problem konfrontiert. Die Bevölkerung im bernischen Amtsbezirk Laufen stand bis zu jenem denkwürdigen Jura-Plebiszit „der Jurafrage eher skeptisch, ja mehrheitlich gleichgültig gegenüber“, wie es die Bezirkskommission Laufental in einem ihrer Informations-Bulletins vor einigen Monaten ausdrückte. Am 23. Juni 1974 haben die Stimmbürger des Bezirks Laufen die Bildung eines Kantons Jura denn auch mit 1433 JA gegen 4119 Nein abgelehnt. Dadurch sah sich das Laufental in die Isolation beziehungsweise zum Handeln gedrängt. Denn als angrenzendes Gebiet zum Amtsbezirk Délémont, dessen Bevölkerung den Willen zur Bildung eines Kantons Jura mit deutlichem Mehr bekundete, wird es nach der Gründung des Kantons Jura vom Kanton Bern geographisch abgetrennt sein. Nicht leidenschaftlichem Drang, sondern dem Zwang veränderter äusserer Umstände gehorchend, sind die Laufentaler jetzt systematisch auf der Suche nach einem für sie befriedigenden Status in der neuen Situation.

Dabei geht es keineswegs so hitzig zu wie bei den Auseinandersetzungen um den neuen Kanton im französischsprachigen Jura. Mit nüchterner Deutschschweizer Gründlichkeit werden die Probleme aufgezeigt und angepeilt. Die dafür eingesetzte Bezirkskommission Laufental hat Beachtliches geleistet. So nahm sie mit der Regierung des Kantons Bern, zu dem die früher dem Fürstbistum Basel unterstellten Laufentaler Gemeinden (erst) seit 1815 angehören, rege Verhandlungen auf, um abzuklären, wie ein Verbleib in diesem grossen Kanton den veränderten Verhältnissen angepasst werden könnte. Aber auch zu den Nachbarkantonen Solothurn, Baselland und Basel-Stadt hat sie sehr zielstrebig Kontakt gesucht und gefunden. Seit diese rührige Kommission ihre Arbeit im April 1976 – also vor noch nicht einmal anderthalb Jahren – aufgenommen hat (wobei sie sich auf die Vorarbeiten eines seit 1974 bestehenden freiwilligen Ausschusses stützen konnte), verging kein Monat, als dass nicht ein neues interessantes Ergebnis der laufenden Erhebungen und Verhandlungen zur Abklärung der Zukunft des Laufentals hätte veröffentlicht werden können. Vor allem zwei Publikationen legen vom Wirken der Bezirkskommission stolzes Zeugnis ab: Die populär gestaltete, bunte Broschüre „Das Laufental“, welche schon im Dezember 1976 herausgegeben worden ist, und der „Abschliessende Bericht der Bezirkskommission Laufental“, erschienen am 17. Mai dieses Jahres.

Das Ergebnis dieser monatelangen seriösen Arbeit ist beeindruckend. Die Bezirkskommission hat, bewusst sachlich, die Voraussetzungen und den Problemkreis rund um die Zukunftsgestaltung des Laufentals mit aller wünschenswerten Umsicht übersichtlich dargelegt. Die Laufentaler Stimmbürger, die über die Zukunft ihres Bezirks (Verbleib bei Bern oder Anschluss an Solothurn, Baselland oder Basel-Stadt) in den nächsten Monaten und Jahren (mit)entscheiden werden, können sich über mangelndes Informationsmaterial nicht beklagen.

Darüber hinaus bieten die von der Bezirkskomission erarbeiteten Grundlagen für den Nicht-Laufentaler die wertvolle Möglichkeit, ein Regio-Gebiet genauer kennenzulernen, dessen Bewohner sich aufgrund ihres Daseins in einem Randbezirk des Riesenkantons Bern innerhalb der „Regio basiliensis“ immer ein wenig als Mauerblümchen fühlen mussten. Das (bisherige) „Stiefkind“ der grossen „Mutter Regio“ ist nun aber in den Mittelpunkt des Interesses gerückt! Das bedeutet nicht nur eine Chance für das Laufental, sondern auch für die ganze übrige Region Basel, die Zukunftsprobleme mit schärferer Optik und aus einer erweiterten Perspektive zu lösen.